Weinland Chile
Chile – Retter in der Not
Chile ist ein Glückspilz. Denn die Natur hat es mit dem südamerikanischen Fleckchen Erde immer sehr gut gemeint. Nur die Menschen waren dem Weinbau nicht immer gut gesinnt.
Die Geschichte des chilenischen Weinanbaus ist eine Achterbahnfahrt. Zuerst geht es steil nach oben, nur, um dann genau so tief wieder hinunterzufallen. Im 16. Jahrhundert landeten bereits die ersten Reben mit den Spaniern in Chile. Bis ins 18. Jahrhundert wurde ein wenig kultiviert, ausprobiert und getrunken, nichts Grossartiges also. Doch dann attackierte Mitte des 19. Jahrhunderts die Reblaus alle europäischen und amerikanischen Gebiete. Das Sortensterben nahm kein Ende, man suchte verzweifelt nach einem Gegenmittel gegen die gefrässigen Rebläuse. Nur ein winziges Land in Südamerika liessen die Tierchen in Ruhe: Chile. Es ist bis heute das einzige Land, in dem noch nie auch nur eine einzige kleine Reblaus gefunden wurde.
Frankreich bekam im 19. Jahrhundert Wind von dem Glück des südamerikanischen Landes und machte sich auf, um aus Chile ihre eigenen Sorten zu reimportieren, da sie in Frankreich an der Reblaus zugrunde gegangen waren. Chile hat also eigentlich die Sortenvielfalt im Weinbau gerettet.
Doch wieso wurde genau Chile von der Plage verschont? Das hat das Land seiner geografischen Abgeschiedenheit zu verdanken. Und es ist heute noch ein wesentlicher Vorteil für den Weinbau in Chile. Hier müssen Rebenstöcke nicht veredelt werden, zudem können viel weniger Chemikalien als in anderen Ländern eingesetzt werden.
Wer jetzt denkt: Wunderbar, das wird bestimmt eine tolle Geschichte... liegt falsch. Die Prohibition verpasste dem chilenischen Weinbau 1938 einen heftigen Schlag, den endgültigen kurzzeitigen Niedergang des Weinbaus besiegelte kurz darauf die Landreform der chilenischen Regierung unter Präsident Salvador Allende. Die Weinbaufläche schrumpfte bis auf 50'000 Hektar hinunter. Trotzdem gaben die chilenischen Winzer nicht auf – und wurden belohnt. 1990 explodierte der Weinbau regelrecht. Investoren aus Frankreich und Amerika bauten die Weinanbaufläche so weit aus, dass sie heute bei rund 130’000 Hektar liegt.
Der Grund für den plötzlichen „Boom“ ist unter anderem das ideale Klima in Chile. Am Tag ist es warm und in der Nacht können die Temperaturen bis unter 10 Grad sinken. Das sind perfekte Bedingungen für kraftvolle und komplexe Weine. 90 Prozent des Weinbaus konzentriert sich auf das Valle Centrale – allerdings benötigt man hier aufgrund der Trockenheit künstliche Bewässerung. Angepflanzt werden vermehrt rote Sorten wie Pais und Cabernet Sauvignon. Bei den weissen dominieren Chardonnay und Torontel. Eine Besonderheit besitzt Chile aber noch. Die Bordeaux-Rebsorte Carménère wird nirgendwo sonst so grossflächig angepflanzt wie hier.